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2024 Alice Schöndorfer

ALLEINerziehend – Ein kreativer Begegnungsraum für Alleinerziehende zur partizipativen Entwicklung einer Ausstellung im öffentlichen Raum für Empowerment und Sichtbarkeit

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Die Zahl der Alleinerziehenden in Deutschland wächst stetig und unterstreicht ihre zunehmende Bedeutung in der Gesellschaft. Im Jahr 2023 lebten rund 2,97 Millionen Alleinerziehende in Deutschland, von denen etwa 80 Prozent Frauen sind. Fast jede fünfte Familie ist eine Ein-Eltern-Familie. Trotz der oft schwierigen finanziellen und zeitlichen Umstände, in denen sie leben, sind Alleinerziehende öfter berufstätig, als Mütter in Paarfamilien und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaft. Gleichzeitig tragen sie die Hauptverantwortung für ihre Kinder und leisten den größten Teil der Sorgearbeit alleine, was zu „geringeren finanziellen und zeitlichen Ressourcen“ führt und mit „psychosozialen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen einhergehen“ kann. So seien alleinerziehende Mütter zwei- bis dreimal so häufig von Depressionen und Angststörungen betroffen. Außerdem leiden sie oft stärker unter Einsamkeit, da sie die Herausforderungen des Alltags alleine bewältigen müssen und oft weniger soziale Unterstützung haben. Durch die Mehrfachbelastung bleibt ihnen wenig Zeit für soziale Kontakte und Freizeitaktivitäten, was das Risiko für soziale Isolation erhöht. Zudem fehlt ihnen häufig eine Partner:in, mit der sie ihre Sorgen und Freuden des Alltags teilen können, was das Gefühl der Einsamkeit weiter verstärken kann. Viele Alleinerziehende erleben darüber hinaus Stigmatisierungen, Vorurteile und stereotype Fremdbilder. So gaben, laut einem Bericht des Statistischen Bundesamts, fast alle befrage Alleinerziehenden an, Erfahrungen mit Vorurteilen gemacht zu haben wie etwa „unterstellter Bedürftigkeit, Beziehungsunfähigkeit oder mangelnder Flexibilität und Belastbarkeit“.

Das Ziel dieses Projekts ist es, die spezifischen Lebensrealitäten, Perspektiven und Herausforderungen von Alleinerziehenden darzustellen. Durch das Projekt soll ihre gesellschaftliche Sichtbarkeit verbessert und Empathie sowie Anerkennung für diese Familienform geschaffen werden. Die Umsetzung erfolgt exemplarisch in Augsburg und ist potenziell auf andere Städte übertragbar. Es wird ein kreativer Begegnungsraum geschaffen, der sozialer Isolation entgegenwirkt und den Alleinerziehenden ermöglicht ihre Perspektive und persönliche Geschichten sichtbar zu machen. Kunst dient dabei als transformatives Werkzeug, zur Bewusstseinsbildung und für Empowerment. Der Prozess ist partizipativ und fungiert als Plattform, für den Austausch unter den Alleinerziehenden.

Im Entwicklungsprozess dieses Projekts wurde ein iterativer Designansatz verfolgt, der die Thematik schrittweise, ausgehend von einer introperspektiven, persönlichen Ebene, hin zu einer breiten gesellschaftlichen und strukturellen Betrachtung, untersucht. Ausgangspunkt ist dabei die intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensrealität als alleinerziehende Mutter, im Sinne einer autoethnografischen Forschung. In mehreren Zyklen werden Ideen konzipiert, getestet und kontinuierlich weiterentwickelt. Dieser Ansatz ermöglicht es, eine Lösung zu gestalten, die nicht nur auf persönlichen Erfahrungen basiert, sondern auch die Wünsche und Bedürfnisse anderer Alleinerziehender und eine gesamtgesellschaftliche Perspektive einbezieht. Dabei ist es ein zentrales Anliegen, durch das Projekt auch die Selbstwirksamkeit und -bewusstsein der Beteiligten zu stärken, was den Einsatz eines empowerment-basierten Ansatzes unterstreicht.

Die Konzeption des Projekts setzt drei Hauptschwerpunkte:
• Kreativer Begegnungsraum – zum künstlerischen Ausdruck der eigenen Lebensrealität
• Kreativer Begegnungsraum – als Plattform für Austausch, Vernetzung und Empowerment
• Ausstellung für mehr Sichtbarkeit von Alleinerziehenden und zur Sensibilisierung der Gesellschaft

Im kreativen Begegnungsraum schaffen Alleinerziehende (und ihre Kinder) in einer Serie von Events gemeinsam Kunstwerke, die ihre Lebensrealitäten widerspiegeln. Dieser Raum dient dabei gleichzeitig als soziale Plattform für Austausch und Vernetzung. Durch die gemeinsame Auseinandersetzung mit den Themen, entsteht eine vertraute Atmosphäre, in der die Teilnehmenden ihre Erfahrungen teilen und voneinander lernen können. Der künstlerische Akt bietet eine gute Grundlage um zwanglos ins Gespräch miteinander zu kommen und erleichtert so die Kontaktaufnahme. Ziel ist es, sozialer Isolation entgegenzuwirken und neue Netzwerke zu schaffen, die über die Workshopshinaus Bestand haben. Der Prozess der künstlerischen Auseinandersetzung fungiert nicht nur als kreatives Ausdrucksmittel, sondern unterstützt auch bei der Selbstermächtigung. Die Teilnehmenden gewinnen die Möglichkeit, sich selbst und ihre Lebenssituation authentisch sichtbar zu machen und sich dabei selbst in den Fokus zu rücken. Für jedes dieser Events wird ein eigener thematischer Schwerpunkt festgelegt, wie etwa Wut, Care-Arbeit oder Alltagsbelastungen von Alleinerziehenden, welcher dann über die künstlerische Praxis erfasst und bearbeitet wird.

Die hier entstehenden Kunstwerke werden voraussichtlich 2025 im Rahmen einer Ausstellung im öffentlichen Raum präsentiert, die nicht nur einen tiefen Einblick in persönliche Geschichten und Erfahrungen bietet, sondern auch zugleich Aufklärungsarbeit zu den strukturellen Benachteiligungen und Herausforderungen leistet, denen Alleinerziehende tagtäglich begegnen.

Dieses Vorhaben wird in Kooperation mit dem Arbeitskreis Alleinerziehende Augsburg und der Familienbildung Augsburg unterstützt, die die reale Umsetzung des Projekt organisatorisch und finanziell begleiten.

Studiengang

Transformation Design (MA)

Betreuung

Prof. Ulrich Fleischmann, Prof. Dr. Jennifer Schubert